Birkenheide. Der „Baum des Jahres 2020“ spaltet die Gemüter . Die Robinie ist für die Imker wegen ihres Nektarreichtums ein wahrer Segen – doch Naturschützer, Städteplaner und Forstleute bringt sie auf die Palme. Denn der robuste, fast unverwüstliche und witterungsbeständige Baum besiedelt auch unwirtlichste Lebensräume – und ist dort eine kaum zu bändigende Konkurrenz für die übrige Flora. Das sorgt auch in der Vorderpfalz gleichermaßen für Begeisterung und Verdruss, denn hier befindet sich auf einer Fläche von rund 300 Hektar rund um Birkenheide zwischen Ludwigshafen und Bad Dürkheim der größte Robinienwald nördlich der Alpen.
„Irgendwann vor vermutlich etwa 300 Jahren“ – so BUND-Experte Walter Gramlich (Birkenheide) – wurde im damals noch menschenleeren Raum um Birkenheide die Robinie angesiedelt, um die Dünenlandschaft mit ihren Sandverwehungen und die angrenzenden Sumpfgebiete zu kultivieren. Denn die aus Nordamerika eingeführte Robinie wurde mit den Bedingungen in dieser Region am besten fertig. 1601 wurde sie von dem Botaniker Jean Robin (Namensgeber) in Paris angebaut. Der Baum, der bis zu 25 Meter hoch und in der Regel weit über hundert Jahre alt werden kann, ist im Frühjahr eine wahre Augenweide, denn mit seinen zarten Fliederblättern, duftend weißen Blütenständen in Traubenform und seinen bizarr verzweigten Kronen ist er im Mai und Juni ein landschaftsprägender „Hingucker“. Die Imker haben auch seine wirtschaftliche Seite längst entdeckt und kommen mit ihren Bienenvölkern von weit her in den Robinienwald zwischen Birkenheide, Maxdorf, Lambsheim, Ellerstadt und Fußgönheim. Sie produzieren „Akazienhonig“ – was vom Namen her falsch ist, denn die Robinie ist „nur“ eine Scheinakazie. Gramlich: „Vor einigen Jahren waren Imker aus ganz Deutschland mit mehreren hundert Bienenvölkern bei uns zu Gast.“
Das hatte seinen Grund, denn Experten haben festgestellt, dass eine Robinie pro Jahr zwischen 0,66 und 1,44 Kilogramm Nektar produziert – für die Bienen ist rund um Birkenheide mit zigtausenden von Bäumen der Tisch reich gedeckt. Weil der Baum so robust ist, Salz und auch Schadstoffe in der Luft „wegsteckt“, ist er auch als Straßenbaum oder für die Begrünung von Bahndämmen ein Thema. Schreiner und Zimmerleute schätzen das Robinienholz wegen seiner Biegsamkeit und Beständigkeit als Rohstoff für Möbel und Schiffbau. Die Robinie braucht allerdings auch Pflege – und das erledigten früher die Schäfer mit ihren Herden. In Deutschland gibt es einer Statistik zufolge Robinien auf einer Gesamtfläche von rund 11 000 Hektar – aber nirgendwo so dicht wie in der Vorderpfalz.
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