Freinsheim. Wer nach Pennsylvania reist, muss nicht unbedingt Englisch sprechen, um sich mit den Menschen dort zu unterhalten. „Pfälzisch reicht“, sagt Michael Werner. Der Sprachwissenschaftler und Publizist gibt seit 25 Jahren die pfälzisch-pennsylvanischdeutsche Zeitung „Hiwwe wie Driwwe“ heraus und weiß, warum der „Belznickel“ an der US-Ostküste ebenso zuhause ist wie das „Bucklich Maennche“ oder die „Elbedritsche“. Für seine Spracharbeit und die Kontaktpflege über den Atlantik hinweg erhält Werner am Sonntag die Hermann- Sinsheimer-Plakette.
Die Stadt Freinsheim vergibt die literarische Auszeichnung alle zwei Jahre. Sie erinnert an den in Freinsheim geborenen jüdischen Schriftsteller, Theaterkritiker und Journalisten Hermann Sinsheimer, der in der Zeit des Nationalsozialismus nach England fliehen musste.
US-Autoren besucht
„Mehrere zehntausend Pfälzer sind im 18. Jahrhundert mit ihrer Sprache und ihrer Kultur im Gepäck nach Pennsylvania ausgewandert. Und dort hat sich vieles erhalten, was bei uns durch Kriege und andere historische Brüche verloren gegangen ist“, berichtet Werner. Im Rahmen seiner Dissertation habe er 1996 Mundart-Autoren in Amerika besucht. „Alle haben sich beschwert, dass es keine Möglichkeit gibt, Dialekt-Artikel zu veröffentlichen.“ Deshalb hat der Pfälzer mit „Hiwwe wie Driwwe“ eine Zeitung geschaffen, „die Menschen zusammenführen soll“. Sie erscheint zweimal im Jahr in einer Auflage von 2500 Stück.
Außerdem bereist Werner regelmäßig jene Ostküstenstaaten, in denen der alte Dialekt der Pfälzer Auswanderer, das „PA Dutch“, noch heute gesprochen wird: „Alle 20 Kilometer kenne ich Menschen, die ,Hiwwe wie Driwwe’ lesen. Und wenn ich spontan an einem Haus klingle und die Zeitung hochhalte, freuen sich die Leute riesig.“ Er sei zwar noch der Strippenzieher und schreibe auch Texte, „aber das Layout wird mittlerweile drüben in Kutztown gemacht“.
Deshalb hat Werner mit der „New Paltz Band“ ein neues Projekt begonnen, das sich für Flüchtlinge stark macht: „Was im 18. Jahrhundert die Transatlantik-Route von London nach Philadelphia war, ist heute die Route über das Mittelmeer von Afrika nach Europa. Manchmal wiederholt sich die Geschichte leider. Wir möchten für Verständnis werben, denn schließlich waren wir alle irgendwann auch mal Flüchtlinge – das zeigt der Blick in jede Familiengeschichte. “ Der Name der vierköpfigen Band, die ausschließlich in PA Dutch singt, beziehe sich auf den 1678 von Mannheimer Hugenotten in den USA gegründeten Ort „New Paltz“. Er liegt 130 Kilometer nördlich von New York City am Hudson River und hat heute etwa 14 000 Einwohner.
Murmeltiertag in Bockenheim
„Menschen in Deutschland und Amerika zusammenzubringen, ist heute wichtiger denn je“, betont Werner im Hinblick auf den Enkel eines Pfälzers, „der die Vereinigten Staaten unsicher macht“. Werbung für das Miteinander soll auch der Murmeltiertag machen, den Werner und seine Band im Februar zum ersten Mal im pfälzischen Bockenheim organisiert haben. „Schließlich war es ein Dachs, der einst im Rheintal den Verlauf des restlichen Winters vorhergesagt hat. Weil es in Amerika damals keine Dachse gab, hat man dort halt ein Murmeltier genommen, und so ist der Groundhog ,Grundsau’ Day entstanden“, erklärt er die Hintergründe. 2021 soll er übrigens in Lampertheim stattfinden.
Vortrag und Verleihung
- Michael Werner stellt die pfälzischen Auswanderer am Samstag, 7. März, 20 Uhr, im Freinsheimer von-Busch-Hof in Texten, Bildern und Liedern vor. Tickets kosten acht Euro.
- Die Hermann-Sinsheimer-Plakette wird am Sonntag, 8. März, 11 Uhr, im von-Busch-Hof verliehen. Die Laudatio hält der Journalist Michael Konrad. Der Eintritt ist frei. Es gibt für beide Veranstaltungen noch Karten. Reservierung: 06353/98 92 94.
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