Mannheim. Mannheims Wagnerianer werden es vielleicht noch gar nicht wissen: dass das Mannheimer Nationaltheater neuerdings eine "Location" ist, in der ein Speed-Dating für Singles auf Partnersuche stattfindet. Dann wird auch nicht der "Ring" gegeben, sondern Stephen Sondheims "Company". Und Sondheim hat das alles irgendwie geahnt, obwohl sein Musical schon über 40 Jahre alt ist. Damals, in der Flower-Power-Ära, habe er schon kommen sehen, dass die Menschen nach der großen Freiheit ein Bedürfnis nach der festen Bindung überkommen würde, glaubt der Regisseur von "Company" in Mannheim, Roland Hüve.
Don Juan aus New York
Dabei ist die Single-Hauptfigur, die während ihrer eigenen Geburtstagsparty von fünf Ehepaaren schwer bedrängt wird, ebenfalls zu heiraten, ein echter Don Juan. Wenn auch ein ziemlich zeitgemäßer - aus New York. Er hat drei Freundinnen. Von Hüves Inszenierung wird das eher chronologisch abgehandelt, doch das muss nichts heißen: Sondheims Musical verabschiedet sich von stringenten Abläufen, alles geschieht fast gleichzeitig - und nur im Kopf der Hauptfigur. Das macht das Stück beinahe revolutionär.
Denn Sondheim - der berühmt wurde, als er die Songtexte zu Leonard Bernsteins "West Side Story" schrieb - ist ein Erneuerer des Musicals gewesen. Ungeahnte Raffinessen brachte er in dieses Genre. Auch, was die Musik betrifft: In "Company" dient das Besetztzeichen des Telefons als Leitmotiv. "Es gibt auch wunderbare Chöre, die sauschwer zu singen sind", streut Roland Hüve ein. "Das Stück beginnt gleich mit einem verminderten d-Moll-Akkord, der durch zehn Leute wandert. Alle haben Angst vor dieser Stelle." Ohrwürmer gibt es bei Sondheim eher selten, viele kennen da wohl nur "Send In The Clowns" (von Barbra Streisand populär gemacht), das auch aus dieser Zeit stammt. Aber nicht aus "Company".
Doch Hüve ist sich trotzdem sicher, dass das Publikum das Stück nach einer kleinen Eingewöhnungszeit von etwa einer Viertelstunde lieben wird. Der Regisseur, der übrigens vor etwa 20 Jahren auch ein "Coming Out" als Musical-Akteur gehabt hat (und zwar in der "West Side Story"), will auch keineswegs Regietheater machen. Sondern Präzision und Tempo liefern.
Dafür scheint er in der Nationaltheater-Produktion, einer Zusammenarbeit mit dem Bielefelder Stadttheater, auch ein ziemlich kompetentes Team zu haben. Hüve schwärmt von seinen Ausstattern Okarina Peter und Timo Dentler, von den Darstellern um Alexander Franzen in der Hauptrolle - und von der Band um Christiaan Crans: "Die erste Probe machte glücklich."
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