Sprache - Nachschlagewerk berücksichtigt zahlreiche neue Wörter / Veröffentlichung am Mittwoch

Covid und Genderstern ziehen in den Duden ein

Von 
Gisela Gross
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Die neue Ausgabe des Duden greift zahlreiche sprachliche Entwicklungen auf. © dpa

Berlin. Er ist gelb und dick. Wie man ihn kennt. Doch auf den knapp 1300 Seiten zwischen den zwei Buchdeckeln hat sich einiges getan: Nach der Auflage von 2017 erscheint an diesem Mittwoch ein neuer Rechtschreibduden. Trotz der Einflüsse durch die Krise sei es wirklich kein „Corona-Duden“ geworden, sagte Redaktionsleiterin Kathrin Kunkel-Razum. Auch bei anderen Themen wie zum Beispiel Klima/Umwelt, Technik und Geschlechtergerechtigkeit habe es Entwicklungen gegeben, die nun berücksichtigt seien.

3000 neue Stichwörter sind nach Verlagsangaben in der 28. Auflage enthalten, 148 000 insgesamt. Es sei der umfangreichste Duden, den es je gab. Zu den Neuaufnahmen zählen Wörter, die noch vor einem Jahr Rätsel aufgegeben hätten: Covid-19, Reproduktionszahl und Lockdown zum Beispiel. Auch Einträge zu Ansteckungskette, Intensivbett und Atemschutzmaske können Interessierte laut Kunkel-Razum nachschlagen.

Auch der Zwinkersmiley ist dabei

„Coronavirus stand sowieso schon drin“, sagt sie. Nach dem Sars-Ausbruch 2002/03 sei das Wort wohl aufgenommen worden. Auch Corona sei schon enthalten gewesen – mit zwei Erklärungen: Corona als weiblicher Vorname und „ugs. für Coronavirus[erkrankung]“.

Ein Auszug aus der Liste der Neuaufnahmen kommt einem Schnelldurchlauf durch Debatten und Trends der vergangenen Jahre gleich: Alltagsrassismus, bienenfreundlich, Chiasamen, Dieselaffäre, Erklärvideo, Fridays for Future. Weiter geht es mit: Gendersternchen, Hatespeech, Influencer, Klimanotstand, Ladesäule, Masernimpfung, Netflixserie, oldschool. Und mit: pestizidfrei, rechtsterroristisch, Shishabar, transgender, Uploadfilter, Videobeweis, Whatsapp-Gruppe und – Zwinkersmiley.

Zum ersten Mal finden Nutzer im Duden Hinweise zum gendergerechten Sprachgebrauch. Ein Thema, für das es bisher keine Norm gibt. Kunkel-Razum ist auf die Reaktionen zu den neuen drei Seiten gespannt – wohl wissend, dass sie für Diskussionen sorgen können. „Wir legen Wert darauf zu sagen, dass das keine Regel ist, die wir verordnen“, betont sie. Das dürfe die Redaktion nicht und wolle sie auch nicht, aber sie erhalte eben sehr viele Anfragen zu dem Thema. Kunkel-Razum sagt, die Redaktion habe sich bemüht, die Probleme und die derzeit vorhandenen Lösungsvarianten zu beschreiben.

Im Duden steht nun zum Beispiel über den umstrittenen Genderstern: Es sei zu beobachten, dass sich diese Variante in der Schreibpraxis „immer mehr durchsetzt“. Zu finden sei sie besonders in Kontexten, in denen Geschlecht nicht mehr nur als weiblich oder männlich verstanden werde und die Möglichkeit weiterer Kategorien angezeigt werden solle. Als Beispiel wird genannt: „Schüler*innen“.

Bei den Neuzugängen richtet sich die Redaktion unter anderem nach der Häufigkeit des Vorkommens. Mit Hilfe von Computern werden große Mengen verschiedener Texte auf Neuheiten durchsucht. Aus einer Liste von etwa 15 000 Wörtern erfolgt die Auswahl. Dabei sei viel „Schrott“, der aussortiert werde, erzählt Kunkel-Razum. Namen von Fußballern etwa, die in Zeitungen vorkommen, interessierten nicht.

Begriffe aus dem Englischen

Wahrscheinlich werde angesichts der Neuauflage wieder über den Zustand des Deutschen gesprochen, vermutet der Professor für Germanistische Linguistik, Kristian Berg, von der Universität Bonn. Manche Menschen ärgern sich zum Beispiel über Begriffe aus dem Englischen. Berg betont: Wenn nun beklagt werden sollte, dass Influencer und hypen im Duden stehen, dann liege das daran, dass sie systematisch im Deutschen verwendet werden. „Dem Duden das anzulasten ist so, als würde man dem Wetterbericht das Wetter vorwerfen.“ 

Früherer Standort Mannheim

  • Bis 2013 befand sich der Stammsitz des Duden-Verlags in Mannheim – in der Dudenstraße im Stadtteil Wohlgelegen.
  • Der Umzug des Verlags nach Berlin hatte bei den damals 190 Mitarbeitern (Stand Oktober 2012) für große Unruhe gesorgt, nur neun wechselten mit in die Hauptstadt.
  • In Mannheim verblieb zunächst der Geschäftsbereich Sprachtechnologie (Korrektursoftware). Er brachte nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg und wurde 2014 geschlossen. 

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