Biodiesel - Einfuhren aus Argentinien und Indonesien fluten deutschen Markt / Bunge in Mannheim stoppt vorerst Produktion

Billigimporte bremsen Ölmühle

Von 
Lisa Gabauer
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Ein bis zwei Schiffe pro Tag liefern mehrere Tausend Tonnen Raps zum Mannheimer Bonadieshafen, um aus der Saat Öl und Schrot herzustellen. © Rinderspacher

Mannheim. Ein Schiff aus dem Raum Stuttgart hat im Mannheimer Bonadieshafen angelegt, die Fracht schimmert schwarz in der Sonne: 1000 Tonnen Rapssaat warten darauf, von einem riesigen Rohr aufgesaugt zu werden. 400 Tonnen in einer Stunde verschwinden so in einem der riesigen Silos auf dem Gelände der Mannheimer Ölmühle, die zur Bunge Deutschland GmbH gehört. In der Luft hängt ein nussiger Raps-Geruch. Ein bis zwei solcher Schiffe kommen täglich an, der meiste Raps stammt aus Bayern und Ost-Frankreich. 3700 Tonnen Saat verarbeitet das Unternehmen täglich, im Schnitt werden 40 Prozent zu Öl weiterverarbeitet – darunter Biodiesel –, 60 Prozent wandern als Rapsschrot in die Tierfütterung.

Auch Marl und Mainz betroffen

In der Regel werden in der Mannheimer Ölmühle knapp 120 000 Tonnen Biodiesel pro Jahr hergestellt, der dann konventionellem Diesel beigemischt wird. Seit 16. April steht die Biodiesel-Anlage jedoch still. Der Grund: Es wird immer mehr Biodiesel aus Argentinien und Indonesien importiert, der den deutschen Markt überschwemmt.

„Wir sehen die Importe seit dem zweiten Halbjahr 2017, zu dem Zeitpunkt sind die Schiffe aus Argentinien hergekommen, aus Indonesien etwas später“, sagt Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie. Er erwartet, dass im Jahr 2018 noch zwischen drei und fünf Millionen Tonnen Biodiesel aus Indonesien und Argentinien nach Deutschland importiert werden. Die europäische Produktion des Kraftstoffes liegt nach Angaben des Verbandes bei etwa zwölf Millionen Tonnen, zwischen einem Viertel und knapp der Hälfte der europäischen Produktion würde somit durch die Einfuhren ersetzt werden. Ein Umstand, der neben der Stilllegung der Biodiesel-Produktion in Mannheim auch bei den Biodieselanlagen im Chemiepark Marl in Nordrhein-Westfalen und bei der Archer Daniels Midland Company (ADM) in Mainz zu Produktionsverkürzungen oder Stopps geführt hat. Nach Angaben des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie seien „ruinöse Handelspraktiken“ von Argentinien und Indonesien schuld an den Dumpingimporten: Die Sojapreise innerhalb Argentiniens würden auf einem künstlich niedrigen Niveau gehalten, ebenso die Palmöl-Preise in Indonesien. Dadurch können beide Länder ihren Biodiesel in Deutschland günstiger verkaufen als der hier produzierte Kraftstoff aus Raps.

Hoffnung auf Schutzzölle

„Wenn die drei Biodieselanlagen den Rest des Jahres ihre Produktion stoppen würden, wäre das ein Ausfall von etwa 500 000 Tonnen Biodiesel“, betont Baumann. „Und möglicherweise kommen noch weitere Werke in Deutschland hinzu.“

Bunge Deutschland deckt nach eigenen Angaben etwa zwölf Prozent der deutschen Rapsverarbeitung ab. Mit Biodiesel mache das Unternehmen aktuell keinen Gewinn, sagt Andreas Vogt, Geschäftsführer bei Bunge Deutschland. „Bis 2025 sind wir aber generell optimistisch, dass wir zumindest einen leichten Steigerungsbedarf sehen, wenn erhöhte Schutzzölle auf Importe aus Argentinien und Indonesien beschlossen werden“, sagt Christoph Haase, ebenfalls Geschäftsführer des Unternehmens.

„Rapsöl nie konkurrenzfähig“

Die Stilllegung der Biodiesel-Anlage hat nach Angaben der Geschäftsführer keine personellen Auswirkungen. Der Großteil der Steuerung der Produktion wird von einer Art Logistikzentrum, der sogenannten „Zentralwarte der Saatverarbeitung“, automatisiert am Computer vorgenommen.

Eine Rückkehr zur Produktion von reinem Speiseöl – wie vor 2006, bevor die Biodiesel-Anlage in Mannheim in Betrieb war – können sich Haase und Vogt nicht mehr vorstellen. „Der europäische Gaumen liebt einfach Sonnenblumenöl, und da wird Rapsöl aus heutiger Sicht nie 100 Prozent konkurrenzfähig sein“, meint Haase.

Die Stilllegung der Biodiesel-Produktion soll noch bis zum 29. April dauern. Wie es im Mai weitergeht, ist unklar. Etwa zum gleichen Zeitpunkt soll im Bonadieshafen eine neue Anlage in Betrieb gehen, die bei der Produktion von Lebensmittelöl zum Einsatz kommen soll. Investitionssumme: knapp zehn Millionen Dollar.

Fabrik der Bunge-Gruppe

Die Mannheimer Ölmühle im Bonadieshafen entstand 1887 als Zusammenschluss von neun kleinen Ölmühlen aus Süddeutschland zum „Verein Deutscher Ölfabriken“.

Von 1920 bis 1990 gehörte die Ölmühle zu Unilever, danach zum Cereol-Konzern und seit 2003 zur Bunge-Gruppe des amerikanischen Agrarkonzerns Bunge Limited. Die Bunge-Gruppe ist nach eigenen Angaben eines der größten Handels- und Verarbeitungsunternehmen von Öl- und Getreidesaaten.

In Deutschland und Österreich hat Bunge sechs Standorte, darunter Mannheim.

In der Mannheimer Ölmühle arbeiten knapp 210 Mitarbeiter, weltweit beschäftigt die Bunge-Gruppe nach eigenen Angaben 35 000 Arbeiter in 40 Ländern.

Pro Jahr verarbeitet das Unternehmen in Mannheim etwa 1,2 Millionen Tonnen Raps.

Etwa 40 Prozent der Rapssaat werden in Öl umgewandelt (Speiseöl und Biodiesel), die restlichen 60 Prozent werden zu Schrot für Tiernahrung verarbeitet. gbr

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