Limburg Sommer - Austropopper Wolfgang Ambros wird in der Klosterruine Limburg gefeiert / 66-Jähriger bettet seine Hits in ein starkes Unplugged-Gewand

Vor diesem Mann verneigt sich auch die Pfalz

Von 
Katja Bauroth
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Ihnen hat’s gut in der Pfalz gefallen: Günter Dzikowski (v. l.), Wolfgang Ambros und Roland Vogl. Der Wein (siehe links neben Ambros) schmeckte den Herren auch, „nur die Gläser sann a bissl klein, der Wein muss doch sein Bukett entfalten können“, witzelte Ambros. Vermutlich hatte er bis dato noch keine Begegnung mit dem für die Region typischen 0,5 Liter Dubbeglas . . . © Bauroth

„Mir geht es wie dem Jesus/Mir tut das Kreuz so weh/Doch ihm tat es erst mit dreißig/Mir tut es heut schon weh!“ Voller Inbrunst schmettert Wolfgang Ambros die ersten Textzeilen von „Heidenspaß (Mir geht es wie dem Jesus)“. Der Abendhimmel hat sich über die Klosterruine Limburg gelegt, Sterne funkeln in dieser lauen Sommernacht. Das Konzert des Austropoppers beim 19. Limburg Sommer neigt sich schon langsam dem Ende entgegen, als er dieses Lied anstimmt, das er vor 45 Jahren veröffentlichte (auf „Eigenheiten“, 1973).

In diesem Moment wirkt es wie eine Persiflage auf seine Situation. Seit einer Rückenoperation kann sich der österreichische Liedermacher nur gebückt und behäbig bewegen. Er ist merklich gealtert. Der Körper des 66-Jährigen wirkt ausgezehrt, das Gesicht ausgemergelt. Doch die Leidenschaft, seine Botschaften, seine Lebenseinstellung, die Satire, mit der er vor allem sich und die Gesellschaft betrachtet, in die Welt hinauszutragen, ist auch bei dieser fünften Ausgabe von „Ambros pur“ ungebrochen und auf geschmeidige Art dynamisch.

Er kokettiert dabei immer wieder mit dem Alter und der Vergänglichkeit. „Es ist alles eine ,Frage der Zeit‘“, schlägt er nach gleichnamigen Song das Motto des Abends an und kommentiert dessen Entstehungsraum: „Einen Schimmer Weisheit hab’ ich schon mit 25 gehabt.“ Immer wieder lässt Ambros ein Lebens- und Karriereresümee einfließen, was er dabei wirklich ernst meint und was nicht, entscheidet der Zuhörer. Doch auch „I bin frei“ (Textzeile aus „Verwahrlost, aber frei“) steht auch für den Abend: Er nimmt sich die Freiheit heraus, dieses Unplugged-Programm nach seinem Gusto zu gestalten. Das Miteinander mit dem fabelhaften Entertainer Günter Dzikowski an den Tasten und dem besonnenen Roland Vogl an den Saiten wirkt dabei von harmonisch bis experimentell – ambrosmäßig eben. Er darf das. Immer wieder baut er das Publikum mit ein. „Wisst’s ihr, was gekaufte Erfolgserlebnisse sind?“ „Schuhe“, ruft eine Frau aus dem Publikum und sorgt damit für Gelächter. Nun ja, die meine der Künstler in dem Moment genauso wenig wie einen Puffbesuch. Ihm geht’s um all die Annehmlichkeiten, die Er Ihr macht, nur damit Er bekommt, was Er gerne hätte. Überhaupt: Liebe und Freundschaft spielen in seinen Liedern eine große Rolle, auch dann, wenn er Titel nicht ausspielt: „Daran müsst’s euch gewöhnen“, frotzelt er mit einer Angewohnheit, die sich Austropop-Kollege Georg Danzer (1946 – 2007) angeeignet hatte. Dessen „Weiße Pferde“ gibt’s in einer ambros’schen Fassung – stark, eindringlich – genauso wie „A klanes Resümee“, bevor er mit „Du bist wia de Wintasunn“ wieder für ein bewunderndes Raunen im Publikum sorgt – „ein Lied, dass die 50 überschritten hat“ und das auch in Deutschland durchschlagend war. Vor der Pause heißt’s noch, „ihr müsst’s halt genau aufpassen“ bei „Gut und schön“ und den deutlichen Zeilen: „Es gibt immer wieder Momente, wo man sich so hässlich find’t und ma kann si überhaupt ned leid’n. Dann kommt ma si wieder viel besser als alle andern vor – doch des is beides ned richtig, des is zu vermeid’n, des is dringend zu vermeid’n!“

Publikum bekommt nicht genug

Die „Tendenz zur Demenz“ (Ambros: „Des soagt mei Mutter immer zu mir“) hat der Liedermacher noch lange nicht, auch wenn man dies bei seiner überlegten Sprechweise vielleicht vermuten würde. Nein, Ambros weiß genau, was er wann und wie platziert. Zwei Geburtstagskinder im Publikum – Stefanie und Birgit – baut er mit in einen Titel ein, und kleine Seitenhiebe auf die „Deitschen“ gibt’s auch in der Pfalz: In Österreich war des a Hit, in Deitschland net – da kamma nix machen“, kündigt er das wunderbare „A Mensch mecht i bleib’n“ an. Egal: In der Pfalz wird dieser Hit gefeiert wie die vielen anderen vor und nach der Pause. Als sich Ambros und seine Unplugged-Kollegen nach gut zwei Stunden Spielzeit verabschieden wollen, steht das gesamte Publikum, klatscht, jubelt, fordert mehr – und bekommt noch zweimal drei Zugaben, „ihr wollt’s ja net anders“.

Auf Lärm in e-Moll – so bezeichnet Ambros sein Legendäres „Es lebe der Zentralfriedhof“ – geht’s „Schifoarn“ im Ruinenhof. Nach 40 Jahren steht dieses Lied in Österreichs iTunes-Charts auf Platz eins und ist zum Protestsong gegen den rechtspopulistischen Regierungskurs und die FPÖ geworden. Das Publikum grölt mit, so gut es eben kann, und feiert das Trio auf der Bühne. Von wegen „Mir geht es wie dem Jesus/Mit dem ich mich verglich/Denn außer alten Jungfern/Schwärmt niemand mehr für mich“ – Ambros’sche Kunst macht nach wie vor generationenübergreifend einen Heidenspaß. Und das ist gut so.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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