Corona-Folgen - Baden-Württemberg und Bayern sagen Prüfung für angehende Ärzte ab / Kritik an föderalem Flickenteppich

Junge Mediziner fürchten Nachteile

Von 
Peter Reinhardt
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Im Praktischen Jahr sammeln angehende Ärzte erste Erfahrungen. © dpa

Stuttgart/Mannheim. Wochenlange Debatten zwischen den Bundesländern haben das Chaos nicht verhindert, das beim zweiten Staatsexamen für angehende Ärzte entstanden ist. Baden-Württemberg und Bayern haben die M2-Prüfung mit Verweis auf die Corona-Risiken abgesagt, die Mehrheit der Länder bittet in der kommenden Woche zur Prüfung. Und drei Länder im Osten befragen die Betroffenen.

„In erster Linie ist man frustriert“, beschreibt Leon Schütze seine Stimmung. Eigentlich hätte er vom kommenden Mittwoch bis Freitag die Studienabschlussprüfung schreiben müssen. Stattdessen wird er jetzt sein Praktisches Jahr einen Monat früher anfangen und im Frühjahr 2020 die Prüfung nachholen.

„Viele sitzen jetzt auf dem Trockenen“, klagt Schütze über das wochenlange Hin und Her. Ihm kann es passieren, dass er den Teil der praktischen Ausbildung nicht machen kann, den er in Saarbrücken geplant hatte. Er sei kein Einzelfall.

750 Medizinstudenten in Baden-Württemberg sind betroffen, weitere 840 in Bayern. Dagegen werden die rund 3000 Kommilitonen in den anderen Ländern wie vorgesehen die M2 schreiben. In Rheinland-Pfalz haben sich laut Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler 90 Prozent der betroffenen Studierenden dafür entschieden.

Eigentlich hatten die Prüfungsinstitute den Bundesländern empfohlen, angesichts der Corona-Krise die M2 zu verschieben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat dafür die Approbationsordnung so geändert, dass der diesjährige Abschlussjahrgang ohne Prüfung ins Praktische Jahr darf. Auf Druck von Nordrhein-Westfalen, so erzählen es Insider, habe er aber eine Hintertür eingebaut und den Ländern erlaubt, ihren eigenen Weg zu gehen. Diese Klausel nutzt nun die Ländermehrheit, die Südländer sind isoliert.

Baden-Württemberg und Bayern stehen jetzt als die da, die ihre Studierenden benachteiligen“, beschreibt der Mannheimer Studiendekan Thomas Wieland die missliche Lage. Denn in den Südländern müssen die angehenden Ärzte nun im kommenden Jahr zwei schwere Prüfungen in kurzen Abständen absolvieren. „Wir haben nur sechs Wochen Zeit zum Lernen, die anderen drei Monate“, erläutert Schütze die Benachteiligung.

Wieland hat am Mittwoch gemeinsam mit seinen Kollegen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) Vorschläge übermittelt, wie durch Stoffreduktion für die Teilnehmer im nächsten Frühjahr faire Bedingungen erreicht werden könnten. „Es dürfen keine Nachteile entstehen“, betonte die Ministerin auf Anfrage. Sie selbst hatte vorgeschlagen, die Prüfung abzusagen und die Note aus den bisher erzielten Prüfungen zu bilden. Das war jedoch nicht mehrheitsfähig.

Nun müssen die beiden Südländer ihren Medizinstudierenden erklären, warum ihre Prüfung verschoben wird, aber in ein paar Wochen das landesweite Abitur möglich ist. Die Empörung ist groß: 107 000 Unterzeichner hat die Online-Petition inzwischen, die „faire Bedingungen“ für Medizinstudenten in der Corona-Pandemie fordert.

Korrespondent Landespolitischer Korrespondent in Stuttgart

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