„Der Wasserturm ist der Leuchtturm, von dem aus alle wichtige Leute des Humanismus, beginnend mit Johannes Reuchlin (1455 – 1522) in Pforzheim, Karl Jaspers (1883 – 1969) bis hin zu Jan Assmann (*1938) in Heidelberg zu erreichen sind. Somit stehen wir hier im Zentrum des Humanismus.“
Mit diesen Worten beendete Referent Werner H. Heussinger seinen beeindruckenden Vortrag, in dem er „Goethe als Humanist und Freimaurer“ in den Mittelpunkt stellte. Davor jedoch begrüßte Martina Schleicher, Werkleiterin der Stadtwerke, die Referenten und die zahlreichen Gäste. „Ich freue mich sehr, dass zu dieser besonderen Veranstaltung wieder so viele Besucher gekommen sind“, sagte sie, „das Thema scheint entgegen aller Erwartungen überraschend viele Leute zu interessieren.“
Das ist insofern nicht verwunderlich, wird es doch von ausgewiesenen Experten behandelt. „Die Motivation der Referenten dieser dreiteiligen Reihe beruht tatsächlich darauf, dass sie alle vom Wasserturm eingenommen waren und dachten, dass hier etwas gemacht werden muss“, führte der Vorsitzende der Heidelberger Gespräche-Gesellschaft Ralph-Dieter Wilk in den Abend ein.
Das Thema angerissen
Statt des angekündigten Referenten Prof. Dr. Jan Snoek, der verhindert war, warf Ralph-Dieter Wilk (Bild) anhand von dessen Text und Bilder einige Schlaglichter auf „Goethe und die Illuminaten“.
Der Vortrag, so der Referent, kann nicht umfassend das Thema behandeln, es soll jedoch das Interesse der Zuhörer wecken und sie anregen, selbst weiter zu forschen. Dafür bot der im Wasserturm eingerichtete Büchertisch der Buchhandlung Gansler eine große Auswahl an Literatur.
Wilk begann mit Mozart und zeigte auf, dass Mozarts „Zauberflöte“ eine Darstellung der Illuminatenideologie als Ergebnis der Spätaufklärung ist. Der Librettist Emanuel Schikaneder war Mitglied des Illuminatenordens, der eine spezielle Spielart des Freimaurertums war. Goethe trat 1780 in die Freimaurerloge „Amalia“ in Weimar ein, drei Jahre später in den Illuminatenorden, den Adam Weishaupt (1748 – 1830) gründete und Adolph Freiherr von Knigge (1752 – 196) ausbaute.
Goethe wurde einer der führenden Mitglieder des Ordens, doch war er tief in der Freimaurerei verwurzelt, ein Thema, das Werner H. Heussinger anschließend vertiefte. Er nahm die Zuhörer mit auf eine kulturelle Zeitreise des Humanismus und zeigte nebenbei Goethes Verbindung zum Neoplatonismus und der Freimaurerei auf.
Biografie ist gut erforscht
„Es gibt keine Biografie, die so gut erforscht ist, wie die von Goethe“, begann Heussinger (Bild rechts) und setzte seinem Vortrag ein Zitat Goethes über die Freimaurerei voran: „Die Erziehung zur Gesinnung ist die vornehmste Aufgabe der Freimaurerei. Durch die Gesinnung allein werden die Meinungen überbrückt, die uns Menschen voneinander trennen.“
Das ist ein programmatischer Ansatz, der bis heute für die Freimaurerei gilt: dass die Menschen sich verbinden sollten. Ganz im Sinne eines Humanisten war Goethe der Meinung, dass nicht die Freimaurer den Menschen verändern, sondern der Mensch selbst, die Freimaurerei reicht dafür nur Werkzeuge zur Selbsterkenntnis und Selbstverbesserung.
Nach Lessing gab es immer Freimaurerei, damit bezog er sich nicht auf Logen, sondern auf den Inhalt. Daran ist zu erkennen, so Heussinger, dass die Freimaurerei ganz eng mit dem Humanismus verbunden ist, für sie steht der Mensch ebenfalls im Mittelpunkt.
Ausführlich ging er im Laufe seines Vortrags auf die drei Säulen der Freimaurerei, Weisheit, Stärke und Schönheit, ein, auf die Rolle, die dabei das antike Rom, Griechenland und Ägypten sowie die Gotik spielte, auf die Bedeutung der Philosophie Platons, Jaspers und Assmanns, die alle das kulturelle Gedächtnis weitergegeben haben.
Keine Selbstverständlichkeit
Und er beendete seine Ausführungen mit einem Schlüsseltext der Philosophie der Renaissance und des Humanismus, den der italienische Philosoph Giovanni Pico delle Mirandola (1463 – 1494) in seiner Rede „Über die Würde des Menschen“ formuliert hat. Darin ist der Gedanke enthalten, dass der Mensch mit freiem Willen ausgestattet ist, so der Referent.
Zum Schluss sagte Heussinger noch: „Humanismus ist somit keine Selbstverständlichkeit, er muss gelebt werden, ansonsten kann das wunderschöne Menschenbild verschwinden.“ Bilder: Lenhardt
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